Schüler und Verantwortliche der Freien Schule mit ihren Gästen: Kathrin Wahlbuhl-Nitsche (v.l.), Angela Theil, Sophie Frölich, Lukas Schumann, Lisa aus Kiev, Hermine Beyer, Ivan, Kiran Kresse, Daria, Bohdan, Tamino Ringel, Luca Mohrmann, Peter und Lara Kolousowa.
Sogar für Tageblatt/MZ gab es ein Geschenk: einen Zeitungsständer mit dem Symbol der „fünften Gewalt“ der Presse in der Ukraine.
Erschienen am 24.01.2020, Naumburger Tageblatt (Bilder: (2) Biel
VON HARALD BOLTZE
NAUMBURG Lara Kolousowa ist eine tatkräftige Frau. Dass sie fünf ukrainische Schüler als einzige Betreuerin zwei Wochen lang in Deutschland begleitet? „Kein Problem“, lacht sie. „Die Kinder sind fast wie Erwachsene.“ In Kolousowas beneidenswerter Welt scheint es mehr Lösungen als Probleme zu geben.
Und das erklärt auch die Art und Weise, wie ihre Verbindung zur Freien Schule im Burgenland „Jan Hus“ in Naumburg zustande kam. So erinnert sich deren Schulleiterin Kathrin Wahlbuhl-Nitsche, dass sie vor 14 Tagen eine E-Mail bekam, mit der Frage, ob ihre Einrichtung fünf Schüler aus Kiev für zwei Wochen aufnehmen könne. An sich kein Problem. Doch der Knackpunkt: „Wir kommen diesen Sonntag mit dem Bus an.“ Für Kathrin Wahlbuhl-Nitsche klang das zunächst „ganz schön verrückt“. Doch sie setzte sich sofort mit ihrer der russischen Kultur sehr aufgeschlossenen Kollegin Angela Theil sowie dem Schulträger zusammen. „Es war die einzige Antwort, die wir bekommen haben. Zum Glück eine Zusage“, sagt Lara Kolousowa mit freudigem Blick.
Lehrerin Angela Theil ging also von einer Ankunft am folgenden Sonntag aus, erhielt dann aber bereits tags zuvor die Nachricht: „Wir sind da!“ Also stiefelte sie los, holte die ukrainischen Gäste nach deren 25-stündiger Busfahrt ab und zeigte ihnen die Stadt. Um eine große Ferienwohnung in der Herrenstraße hatte sich die Kollegin aus Kiev bereits im Vorfeld selbstständig gekümmert.
Zwei Fünf-, ein Sechst- und zwei Zehnklässler, davon drei Jungs und zwei Mädchen, besuchen seitdem die Freie Schule. „Das war auch für uns eine Bereicherung. Wir haben viel von ihnen gelernt“, sagt die Naumburgerin Sophie Frölich. Hilfreich ist es natürlich, dass die fünf Gastschüler seit mehreren Jahren in Kiev Deutsch lernen. „Bohdan hat für uns gestern in Sozialkunde einen richtig starken Vortrag über den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine gehalten – mit bester Aussprache“, lobte Zehntklässler Luca Mohrmann. Fächer wie Latein, Ethik oder „Nawi“, also Naturwissenschaften, erlebten die Gastschüler zum ersten Mal.
Doch natürlich wurde nicht nur gelernt. Ausflüge führten die Gruppe in den Dom, aber auch nach Halle, Dresden und Berlin. Morgen geht es auf die lange Rückfahrt. Am Montag enden die Ferien. Vielleicht aber wird es ein Wiedersehen in Naumburg geben, und auch eine Einladung nach Kiev wurde natürlich ausgesprochen.
Dass Lehrerin Lara Kolousowa mit so viel Optimismus nach Naumburg reiste, hängt mit ihrer Erfahrung mit Deutschland zusammen. Nahe Leipzig lebte sie vor 15 Jahren selbst als Austauschschülerin. Eine ähnliche Reise wie jetzt führte sie – mit anderen Kindern – vor ein paar Jahren nach Köln. Und Naumburg faszinierte sie bereits 2019 bei einem Besuch des Bundessprachenamtes.
Um etwas für die „große Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft der Freien Schule“ zurückzugeben, wurden Bilder und ukrainische Schokolade verteilt. Und sogar der anwesende Pressevertreter bekam – eine absolute Seltenheit – ein persönliches Geschenk.